Auf der Konferenz von Jalta (4. bis 11. Februar 1945) legten die Siegermächte die späteren Zonengrenzen fest. Trotz Intervention seitens General de Gaulles war von einer französischen Zone zum damaligen Zeitpunkt immer noch keine Rede. Erst mit der »Berliner Erklärung« vom 5. Juni 1945 wurde die Einrichtung einer französischen Besatzungszone verkündet, eine Maßnahme, gegen die sich Stalin lange gesträubt hatte. Die vierte Besatzungszone war kein homogenes, gewachsenes Gebilde, sondern ein aus dem Saarland, Hohenzollern, Teilen von Baden und Württemberg, der Pfalz sowie dem Landkreis Lindau zusammen gestückelter Flickenteppich.
Die französische Besatzungszone und das D.O.C.F.
Nachdem die US-Truppen französisches Gebiet geräumt hatten, übernahm am 1. August 1945 eine der Militärregierung unterstellte Dienststelle die Aufsicht über die Eisenbahnen im Bezirk, das Détachement d'Occupation des Chemins de Fer Français (D.O.C.F.). Es fungierte als obere Eisenbahnaufsichtsbehörde der französisch besetzten Zone und hatte seinen Sitz in Speyer. Ende 1945 kam die Führung des D.O.C.F. zu der Erkenntnis, dass der einheitliche Wiederaufbau ohne eine deutsche Leit- und Koordinierungsstelle kaum zu stemmen sei. So wurde am 17. Dezember 1945, ebenfalls in Speyer, die Oberdirektion der Deutschen Eisenbahnen der französisch besetzten Zone (ODE) eingerichtet, welche am 8. Januar 1946 ihre Tätigkeit aufnahm. Anscheinend entwickelte die ODE etwas zuviel Eigenleben: Sie verfolgte mit dem generellen Wiederaufbau der Eisenbahn im Südwesten Deutschlands andere Ziele als die Besatzungsmacht, der es neben der Aufrechterhaltung des Militärverkehrs in ihrer Zone eher auf den Aufbau der stark in Mitleidenschaft gezogenen Eisenbahnen in Frankreich auf Kosten deutscher Betriebs- und Verkehrsanlagen ankam. Ein Interessenkonflikt, der am 13. Juni 1946 rigoros durch Auflösung der ODE beendet wurde. Nun hatte das D.O.C.F. wieder das alleinige Sagen im Bezirk, die allzu emsigen deutschen Eisenbahner waren harsch ausgebremst worden.
Von der D.O.C.F. zur SWDE
Am 25. Juni 1947 schlossen die Länder Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern einen Staatsvertrag ab, in dem die Eisenbahnen auf ihren Gebieten als Eigentum der drei Länder angesehen wurde. Auf Grundlage dieses Vertrages gründete man zwecks Betriebsführung und Verwaltung die Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen (SWDE), welche am 30. August 1947 ihre Arbeit aufnahm. Sitz der SWDE-Generaldirektion wurde wiederum Speyer. Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 7. September 1949 änderten die Alliierten am 20. September des gleichen Jahres das Besatzungsstatut dahingehend ab, dass Beschlüsse des Eisenbahnverkehrsrates nicht mehr der Genehmigung der Militärregierung bedurften. Weiterhin ging die oberste Eisenbahnhoheit auf deutsche Dienststellen über. Gleichzeitig mit Gründung der Bundesrepublik wurde in der Bizone (vereinigtes Wirtschaftsgebiet der britischen und amerikanischen Besatzungszonen) die Hauptabteilung Eisenbahn der Verwaltung für Verkehr (VfV) in Deutsche Bundesbahn umbenannt, eine reine Formalie ohne größere rechtliche Auswirkungen. Am 15. Oktober 1949 folgte die SWDE diesem Schritt und benannte sich in Deutsche Bundesbahn, Betriebsvereinigung der Südwestdeutschen Eisenbahnen um.
Die SWDE kommt zur DB
Schon das Bonner Grundgesetz vom Mai 1949 sah die Schaffung einer Deutschen Bundesbahn vor, deren verbindliche Rechtsgrundlage aber erst das am 13. Dezember 1951 verkündete Bundesbahngesetz wurde. Nimmt man es genau, entstand die DB also nicht am 7. September 1949, sondern am 18. Dezember 1951 mit Inkrafttreten des Bundesbahngesetzes. Nachdem sich DB und SWDE zwischen 1949 und 1951 immer weiter angenähert und gemeinsame Strukturen geschaffen hatten, trat am 18. Dezember 1951 das rechtliche Ende der SWDE ein, am 1. Juni 1952 wurde sie endgültig aufgelöst und in die DB integriert.
Der Sonderfall Saarland
Hinter dem Saargebiet, später dann Saarland, verbirgt sich eine historisch gesehen sehr junge politische Einheit, welche erst 1920 aus vormaligen bayrischen und preußischen Gebieten entstanden ist. Nach Ende des 1. Weltkrieges hatte die französische Regierung unter Georges Clemenceau versucht, das Saargebiet in den französischen Staatsverband einzubinden. Dieses gelang aber nur unvollständig, von 1920 bis 1935 unterstand das Saargebiet offiziell der Verwaltung des Völkerbundes, der es aber für 15 Jahre unter französische Verwaltung stellte. Die jahrelang andauernde faktische Besetzung des Saargebietes durch französische Truppen bestärkte die Saarländer in dem verständlichen Wunsch, zum Deutschen Reich zurückzukehren. Nach einer Volksabstimmung wurde das Saargebiet, nun Saarland genannt, am 1. März 1935 wieder ins deutsche Staatsgebilde eingegliedert.
Gegen Ende des 2. Weltkrieges startete Frankreich einen erneuten Versuch, sich das rohstoffreiche Saarland anzueignen, wurde aber zunächst noch von den drei eigentlichen Siegermächten ausgebremst. Trotzdem verfügte die französische Militärregierung bereits am 20. Juli 1945 die Auflösung des Verwaltungsbezirks Mittelrhein-Saar, und schon fünf Tage später folgten die nächsten Schritte zur Loslösung des Saarlandes. Am 16. Februar 1946 entzog man es dem Einfluss des Alliierten Kontrollrates, am 21. September 1946 besetzten französische Grenzpolizei und Zollbehörden die Grenze zum Reichsgebiet und am 8. Oktober des gleichen Jahres ordnete die Militärregierung die Bildung einer vorläufigen Kommission für die Verwaltung des Saarlandes an. Am 20. Dezember 1946 war mit Schaffung einer offiziellen Zollgrenze die Ausgliederung fast beendet, die endgültige Loslösung des Saarlandes von Deutschland erfolgte am 01. April 1947. Die Saarländische Verfassung vom 15. Dezember 1947 sah in der Präambel u.a. die politische Unabhängigkeit des Saarlandes vom Deutschen Reich, die Vertretung saarländischer Interessen gegenüber dem Ausland sowie die Landesverteidigung durch die französische Republik und daneben noch die Anwendung der französischen Zoll- und Währungsgesetze im Saarland vor
Nach anfänglicher Zustimmung der "Les Saarois" genannten Bevölkerung zum neuen Status des Saarlandes, wuchs in den 1950er Jahren der Widerwille gegen die eigene Regierung an. Die Einschränkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit sowie die Nichtzulassung jener Parteien, die gegen eine Eigenstaatlichkeit des Saarlandes eintraten, kamen bei den Einheimischen nicht gut an. Als sich dann noch Bundeskanzler Konrad Adenauer am 23. Oktober 1954 mit der Unterzeichung des Saarstatuts die Souveränität und Westbindung der Bundesrepublik Deutschland durch einen Verzicht auf das Saarland quasi "erkaufen" wollte, sah das die Bevölkerung richtigerweise als De-facto-Abtretung des Saarlandes an Frankreich an. Die Quittung für solche "Mauscheleien" bekamen die Regierenden bei einer Volksabstimmung überreicht, die meisten Saarländer hatten genug von der Bevormundung durch Frankreich. Bei hoher Wahlbeteiligung votierten 67,7 % der Abstimmungsberechtigten gegen das Saarstatut. Folgerichtig trat man zu weiteren Verhandlungen an, die zum Saarvertrag vom 27. Oktober 1956 führten. Auf seiner Grundlage kam das Saarland am 1. Januar 1957 als 10. Bundesland zur Bundesrepublik Deutschland, die wirtschaftliche Angliederung samt Übernahme der D-Mark wurde aber erst am lange herbeigesehnten "Tag X", dem 6. Juli 1959 vollzogen.
Von der D.O.C.F. über SEB und EdS zur DB
Die äußerst wechselvolle Geschichte des Saarlands spiegelt sich natürlich auch bei der Eisenbahn wieder. Die Eisenbahnen im Saarland hatte es im Krieg besonders schwer getroffen. Keine der Hauptstrecken war mehr durchgängig befahrbar, die Gleisanlagen waren häufig völlig zerstört worden, ungefähr die Hälfte des rollenden Materials wies schwere bis schwerste Schäden auf, keine guten Vorraussetzungen für einen erfolgreichen Start. Die oben erwähnten Schritte zur Abtrennung des Saarlandes führten dazu, dass schon 1946 Loks und Wagen des Direktionsbezirkes Saarbrücken getrennt nach Saar- und Nicht-Saar Fahrzeugen erfasst wurden. Eine Liste vom 10. Dezember 1946 nennt 319 Saar Maschinen, bis auf 8 Schnellzugloks der Baureihe 03 ausschließlich Personen- und Güterzuglokomotiven.
Gleichzeitig mit der endgültigen Loslösung vom Reichsgebiet rief man am 1. April 1947 die Saarländischen Eisenbahnen (SEB) ins Leben, ihr wurden 346 Lokomotiven zugeteilt. Gegenüber der Zählung vom Dezember 1946 fehlten die Baureihen 03, 44, 55.0, 56.20, 58.10, 64, 74 sowie 94.5. Neben recht neuen Kriegslokomotiven der Baureihen 42 (31 Stück) und 52 (14 Stück) sowie Einheitslokomotiven der Baureihen 50 (80 Stück) und 86 (14 Stück), setzte sich der Bestand bis auf drei badische X b (Baureihe 92.2-3) ausschließlich aus preußischen Länderbahnlokomotiven zusammen. Schnellste Lokomotiven im Saarland waren die Personenzugloks der Baureihen 38.10-40 (50 Stück) sowie 78.0-5 (32 Stück), der Rest des Parks wurde aus Güterzuglokomotiven der Baureihen 55.25, 56.2, 57.10, 91.3 und 93.5 gebildet.
Am 1 Januar 1948 wurde das D.O.C.F. organisatorisch aufgesplittet und in Teilen umbenannt. Der für die SEB zuständige Teil wurde Mission technique des Chemins de Fer de la Sarre, kurz MTCF getauft. Sitz der MTCF wurde Saarbrücken, seine Einrichtung bedeutete die endgültige Abspaltung der saarländischen Eisenbahn vom Rest der Bahnen in der französischen Zone. Im Januar 1951 traten die nächsten gravierenden Änderungen bei den Eisenbahnen im Saarland ein. Zuvor hatten Frankreich und das Saarland am 3. März 1950 in Paris 12 Konventionen über den Sonderstatus des Saarlandes unterzeichnet, die Saar-Konventionen. In diesen 12 Übereinkünften waren u.a. die Durchführung der deutsch-französischen Wirtschaftsunion und der Betrieb von Eisenbahnen sowie der Saargruben geregelt worden. Aufgrund dieser Konventionen wurde die SEB am 25. Januar 1951 in Eisenbahnen des Saarlandes (EdS) umbenannt. Mit Gründung der EdS gingen tiefgreifende personelle Änderungen einher. Waren der Direktor und seine Abteilungsleiter bisher allesamt Franzosen, unterstanden dem alten und neuen Direktor, dem Lothringer Joseph-Nicolas Werner, nun Saarländer als neue Abteilungsleiter.
Bemerkenswertes Detail am Rande. Waren die Fahrzeuge zu SEB Zeiten mit dem zu einem symbolischen Rad geformten Emblem ausgestattet, wurden sie bei der EdS mit einer großen SAAR Beschriftung versehen. Durch allfällige Ausmusterungen sank der Bestand an Saar Maschinen kontinuierlich weiter, als Neuzugänge waren dagegen nur 10 Dieselloks der Baureihe V 45 sowie 5 Schienenbusse der Baureihe VT 95 zu verzeichnen.
Zeitgleich mit Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland erfolgte am 1. Januar 1957 die Integration der EdS in die Deutsche Bundesbahn, sie wurde zur Bundesbahndirektion (BD) Saarbrücken. Von einstmals 346 saarländischen Dampflokomotiven fanden noch 287 Stück den Weg zur DB, die plötzlich wieder Kriegslokomotiven der Baureihe 42 in ihrem Bestand aufwies.
Autor: MHE