Baureihe 52
Auch Österreich war nach dem Krieg in vier Besatzungszonen unterteilt. Wie in Deutschland wurde in den einzelnen Zonen eine sehr unterschiedliche "Entwicklungspolitik" betrieben. So wurden zum Beispiel die Fahrzeuge in der sowjetischen Besatzungszone wohl grundsätzlich als "Trophäe" gekennzeichnet bis 1949 fast komplett in den Ostblock überführt.Obwohl unmittelbar nach Ende der Kampfhandlungen viele KDL 1 Richtung Süden und Osten abgefahren wurden, verblieben zunächst ungefähr 750 Maschinen auf österreichischem Gebiet. Der Bestand in der sowjetischen Besatzungszone war um etwa 60 Stück größer als der in den anderen drei Zonen zusammen. Auch in der "Ostzone" Österreichs sorgte die sowjetische Besatzungsmacht für eine rasche Dezimierung des Bestands. Griebl erwähnt in seinem Klassiker "Geschichte der deutschen Kriegslokomotiven" alleine 88 Maschinen, welche zwischen April und Juni 1945 u.a. nach Ungarn, Polen und in die Tschechoslowakei abgefahren wurden. Im Gegenzug brachten sowjetische Feldeisenbahner sechs 52er aus dem tschechisch besetzten RAW Gmünd ins österreichische Bw Gmünd (NÖ). Für Kohlentransporte aus dem oberschlesischen Revier bekam Österreich im Dezember 1945 über die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen UNRRA aus dem sowjetischen Beutebestand 18 KDL 1 von der ČSD zugewiesen. Für weitere Abgänge dagegen sorgten die in Kärnten eingedrungenen Tito-Partisanen, welche sich auf britischen Druck hin zurückzogen und dabei zwölf 52er mitnahmen.
Aber auch die westlich kontrollierten Zonen mussten zeitweilig Abgänge hinnehmen. Zehn Maschinen der Baureihe 52 fanden sich für etwa 1 1/2 Jahre in Italien wieder. Auf britische Anweisung hin trat das Bw Villach West zum 03. August 1945 diese Maschinen leihweise an Italien ab. Sie wurden dort für Nachschubtransporte über den Brenner benötigt und im Frühjahr 1947 an Österreich zurück gegeben. Weitere 32 KDL 1 mussten 1947 bis 1948 leihweise an die Transportabteilung der Zweimächte-Kontrollgruppe, Bielefeld abgegeben werden, welche die Loks überwiegend im Nord-Süd Korridor Bremen-Würzburg-Österreich-(Tschechslowakei) für Hilfszüge der UNRRA sowie in Gegenrichtung zum Transport der (gemäß der »Beneš-Dekrete«) aus der Tschechoslowakei vertriebenen sudetendeutschen Bevölkerung dienten.
Während der Bestand in den westlichen Zonen keine gravierende Veränderungen mehr erleiden musste, sah das in der östlichen Zone ganz anders aus, die sowjetische Besatzungsmacht hatte sie bis Januar 1949 weitgehend "leergefahren". Im Juni 1946 gingen sechs 52er nach Rumänien, im Dezember 1947 folgten 35 Richtung Jugoslawien, der größte Teil wurde dann zwischen November 1948 und Januar 1949 -überwiegend frisch hauptuntersucht- in die Sowjetunion abgefahren.
Wie ging es mit der Baureihe 52 in Österreich weiter? Einige schwer kriegsbeschädignte Lokomotiven schieden bis 1948 aus dem Bestand aus, sie wurden, wie es in Österreich heißt "kassiert". Nach zähen, lange andauernden Verhandlungen mit dem alliierten Rat für Österreich bildete man im Juli 1948 in den "Westzonen" einen ständigen österreichischen Lokomotivpark, der zum großen Teil aus den Beständen der drei westlichen Besatzungszonen gebildet wurde. Er umfasste unter anderem neben 51 KDL 3 Loks auch 313 KDL 1 Maschinen. Mit der Einführung des neuen Betriebsnummernssystems im Jahr 1953 -Stichtag zur entgültigen Einführung gemäß Zl. 4397/12-1953 der Generaldirektion der ÖBB war der 1. April 1954- wurde zwischen Maschinen mit Blechrahmen (weiterhin als Baureihe 52 bezeichnet) und mit Barrenrahmen (als Baureihe 152 bezeichnet) unterschieden.
Viele Jahre lang waren die 52er und 152er auf den nichtelektrifizierten Hauptstrecken Mittel- und Ostösterreichs sowie im Großraum Wien unentbehrlich. Im Januar 1966 waren noch 231 Maschinen, im Januar 1971 immerhin noch 185 Exemplare vorhanden. Zwischen 1968 und 1973 verkaufte die ÖBB 13 Maschinen an die GKB, die Graz-Köflacher Eisenbahn. Zum Oktober 1978 kam dann das endgültige Aus für die KDL 1 in Plandiensten der ÖBB, die letzten 21 Maschinen wurden kassiert. 52 7594 wurde Museumslokomotive, die restlichen 20 unterstanden anschließend des Bundesheer. Nach Auflösung dieser strategischen Reserve standen zahlreiche Interessenten bereit, um die Fahrzeuge zu erhalten.